Menschenevolution: Der Mensch - der geborene Jäger
Eine Anhöhe über einem großen See im ostafrikanischen Grabenbruch. Einige Jäger hauen Stücke von schwarzgrünem Vulkanglas sorgsam zu kleinen scharfen Spitzen mit Schneidkanten zurecht. Diese Klingen befestigen sie an langen hölzernen Schäften – fertig ist ein hocheffektiver Wurfspeer.
Szenen wie diese müssen sich in Ostafrika schon vor mehreren hunderttausend Jahren abgespielt haben, wie eine rund 280 000 Jahre alte Fundschicht in Äthiopien in der Grabungsregion Gademotta zeigt: Dort kamen derartige Steinspitzen zu Tage. Solche Wurfspeere bedeuteten eine technologische Revolution für die frühen Menschen. Mit ihnen vermochten sie Tiere leichter aus der Distanz zu überwältigen als mit reinen Holzspeeren. Damit erweiterten sie das Spektrum an möglicher Beute und verringerten das eigene Verletzungsrisiko, wenn sie große, wehrhafte Arten, vielleicht sogar Flusspferde erlegten.
Sicherlich war solch ein Jagdspeer damals der Gipfel der Technik. Das eigentlich bemerkenswerte daran ist allerdings die Vielzahl an Entwicklungsschritten unterschiedlichster Art, die dieser Erfindung vorausgingen, bis Menschen schließlich so weit waren, eine derartige Konstruktion überhaupt zu erdenken, anzufertigen und tatsächlich zu gebrauchen. Dazu mussten im Lauf von zehntausenden Generationen viele neue körperliche Anpassungen zusammenkommen. Sie rüsteten unsere Vorfahren nach und nach immer besser für das Beschaffen von Fleisch aus.
In einer Zeit der Supermärkte und des Fast Food vergessen wir leicht, dass der Mensch der geborene Jäger ist. Langsam und schwach, ohne Raubtierzähne und Krallen, sieht er nicht danach aus. Doch schon lange bevor er Tieren mit Fahrzeugen und Gewehren nachstellte, wurde er zum bedrohlichsten Raubtier auf Erden.
Vor ein paar Jahrmillionen ernährten sich unsere – bereits aufrecht gehenden – Australopithecinen-Vorfahren noch hauptsächlich von Pflanzen. In ihre Verwandtschaft gehörte die ostafrikanische Art Australopithecus afarensis mit der berühmten "Lucy". Doch schon früh bildeten sich erste Voraussetzungen für ein späteres Jägerdasein heraus. Denn vieles, worin wir uns von den heutigen Menschenaffen unterscheiden, dürfte unter anderem eine Anpassung an eine solche Lebensweise darstellen – von der Fähigkeit zum ausdauernden Laufen bis zum großen Gehirn. Neuere Forschungen erhellen nun sogar einige bislang unklare Vorgänge in unserer Vergangenheit. Sie lassen zum Beispiel ahnen, wann sich unser Wurfarm mit seiner besonderen Arm- und Schulterkonstruktion entwickelte – eine Voraussetzung zum Speere werfen – oder wann Großwildjagd einsetzte.
Anpassung an trockeneres Klima
Vor etwa drei Millionen Jahren standen die Homininen (menschenähnliche Primaten) evolutionär an einem Scheideweg. Infolge des trockener werdenden Klimas wichen in weiten Regionen Afrikas Wälder und dichte Gehölze offeneren Graslandschaften. Damit veränderte sich das Nahrungsangebot: Früchte und zartes Blattgrün wurden rarer. An die neuen Bedingungen passten sich die Homininen auf verschiedene Weise an. Manche von ihnen, vor allem die späteren "robusten" Australopithecinen, entwickelten massive Kiefer und Zähne, mit denen sie anscheinend Gräser und andere harte Pflanzenkost gut zermahlen konnten. Eine andere Linie – aus der die Gattung Homo hervorging – schlug einen völlig anderen Weg ein. Diese Homininen verzehrten in zunehmender Menge tierische Proteine und Fette. Beide Lösungen bewährten sich lange nebeneinander. Doch vor einer Million Jahren waren die robusten Arten ausgestorben.
Warum sie verschwanden, wird sich vielleicht nie völlig klären lassen. Es könnte sein, dass ihre spezialisierte Lebensweise ihnen nicht erlaubte, sich nochmals auf andere Kost umzustellen, als sich Klima und Umwelt weiter veränderten. Oder vielleicht wurden sie nun von der Gattung Homo verdrängt. Um so deutlicher erweist sich für diese Phase: Die Homo-Linie hatte mit der Hinwendung zu tierischer Nahrung einen sehr erfolgreichen Weg gewählt.
Eine Reihe anatomischer Anpassungen machte diese unsere Vorfahren zu ernstlichen Konkurrenten der Säbelzahnkatzen und anderer großer Raubtiere der afrikanischen Savannen, die dort bisher unangefochten geherrscht hatten. Zum Beispiel kann ein Mensch auf seinen zwei Beinen im Vergleich zu anderen Raubtieren zwar nicht besonders schnell sprinten – aber das macht er mit seinem hohen Ausdauervermögen wett, das den anderen Arten und oft auch den Beutetieren in der Regel fehlt. Ein Mensch könnte ein Pferd im Marathon schlagen. Ähnliches leistet kein anderer heutiger Primat auch nur annähend. Laut Daniel Lieberman von der Harvard University in Cambridge (Massachusetts) und Dennis Bramble von der University of Utah in Salt Lake City könnten frühe Menschen ihre Beute bis zur völligen Erschöpfung getrieben haben. Fossilien zeigen, dass die hierfür wichtigen anatomischen Voraussetzungen im Körperbau – unter anderem Beine mit kurzen Zehen, großen Gelenkoberflächen und einer langen Achillessehne – bereits vor etwa zwei Millionen Jahren entstanden. Schon damals dürften Menschen immer mehr zu Ausdauerläufern geworden sein.
Das erforderte auch eine besondere physiologische Ausstattung. Bei andauernder intensiver Bewegung überhitzt der Körper rasch, wenn er die Wärme nicht irgendwie los wird. Uns kühlt stark wasserhaltiger Schweiß, der auf nackter Haut schnell verdunsten kann. Nina Jablonski von der Pennsylvania State University in University Park vermutet, dass der Homo ergaster (auch afrikanischer H. erectus genannt) vor 1,6 Millionen Jahren schon kein Fell mehr besaß, aber eine Menge Schweißdrüsen zum starken Schwitzen.
Doch all diese Anpassungen hätten den frühen Menschen bei der Jagd nicht viel gebracht, wenn ihm Möglichkeiten fehlten, das gehetzte Tier am Ende zu erlegen – und das vorzugsweise aus einiger Distanz, also am besten indem man es mit einem geworfenen schweren oder scharfen Gegenstand trifft. Aber brachte der frühe Homo dieses Kunststück wirklich schon fertig? Der moderne Mensch vermag ein Ziel aus einiger Entfernung mit ziemlicher Wucht genau zu treffen. Im Vergleich dazu wirken Schimpansen beim Werfen geradezu täppisch. Einen kraftvollen, weiten, gut gezielten Wurf ermöglicht unter anderem der spezielle menschliche Schulterbau: Im präzisen Zusammenspiel mit dem übrigen Körper gewinnen unsere Arm-und Schultermuskeln viel elastische Energie und setzen sie blitzschnell in kinetische Energie um, wie Neil T. Roach von der George Washington University und seine Kollegen kürzlich beschrieben.
Die Forscher untersuchten die Dynamik des Werfens und die beteiligten anatomischen Strukturen bei Studenten, die Baseball spielten. Besonders drei deutliche anatomische Unterschiede des Menschen zu Schimpansen fielen ihnen auf: die lange, bewegliche Taille, die eine viel stärkere Rotation um die Körpermitte erlaubt; der in der Längsrichtung weniger in sich gedrehte Oberarmknochen und die nicht nach oben, sondern zur Seite weisende Schulterpfanne, wodurch sich die Drehung des Arms der des Körpers überlagert. Diese Komponenten vergrößern den Bewegungsradius und den Schwung beim Werfen beträchlich. So lässt sich wesentlich mehr elastische Energie aufbauen und ans Wurfgeschoss abgeben als bei einem Menschenaffen.
Das Team entdeckte auch, wann diese Merkmale in der Menschenevolution aufgetreten waren. Fossilien von Früh-und Vormenschen zeigen, dass sich die verschiedenen Anpassungen nicht alle gleichzeitig ausbildeten: Eine längere Taille und einen weniger gedrehten Oberarmknochen wiesen demnach schon Australopithecinen auf, aber die seitlich stehende Schulterpfanne kam erst vor ungefähr zwei Millionen Jahren in der menschlichen Gattung hinzu.
Inwieweit sich die einzelnen anatomischen und physiologischen Merkmale von Anfang an unter Bedingungen entwickelten, die etwa ausdauernderes Laufen beziehungsweise geschickteres Werfen begünstigten, lässt sich nicht sagen. Möglicherweise entstanden manche dieser Eigenschaften zunächst für andere Zwecke – und erst später erwies sich, dass sie vorzüglich in den neuen Zusammenhang passten. Die lange Taille etwa dürfte ursprünglich eine Anpassung an den aufrechten Gang gewesen sein. Nachträglich kam offenbar die Funktion hinzu, dem Wurf durch eine Drehung um die Körpermitte noch mehr Schnellkraft zu verleihen.
Als Triebfeder hinter dem Umbau der Schulter vor zwei Millionen Jahren vermutet Roach allerdings tatsächlich Selektionskräfte, die auf die Fähigkeit zu werfen gerichtet waren. Denn mit solchen Schultern und Armen konnten unsere Vorfahren schlechter Bäume erklimmen. Frühere Homininen hatten im Geäst außer Nahrung sicherlich oft auch Zuflucht vor Raubtieren gefunden. "Das mühelose Erklettern von Bäumen gibt einer nur auf, wenn er im Gegenzug etwas gewinnt", mutmaßt Roach. Und von Vorteil war wohl nicht nur der Aspekt, dass die gehaltvolle tierische Nahrung nun leichter zugänglich wurde. Denn mit einem gut gezielten Wurf konnte man auch lästige Raubtiere vertreiben, die einen bedrohten oder einem Beute streitig machten.
Frühe Zeugnisse der Jagd
Doch haben die frühen Menschen wirklich schon vor zwei Millionen Jahren routinemäßig selbst Tiere erlegt? Belege dafür sind nicht leicht zu finden. Steinwerkzeuge und Kerben auf Tierknochen von vor 2,6 Millionen Jahren lassen annehmen, dass Homininen in dieser noch früheren Phase zumindest schon Tiere zerteilten. Allerdings könnten diese genauso gut durch Raubtiere oder anders zu Tode gekommen sein.
Noch bis vor wenigen Jahren lieferten die viel jüngeren hölzernen Wurfspeere von Schöningen den frühesten unzweifelhaften Beweis, dass Menschen selbst jagten, in diesem Fall Pferde. Die acht schlanken Speere, die mitsamt Spitze aus den Stämmchen junger Bäume gefertigt wurden und hervorragende Wurfeigenschaften hatten, fanden Archäologen in den 1990er Jahren in einer Braunkohlegrube nördlich des Harzes zusammen mit anderen Jagdwaffen und zahlreichen Tierknochen. Nach aktuellen Berechnungen sind sie rund 300 000 Jahre alt. Die eingangs beschriebenen Funde aus Ostafrika lassen vermuten, dass manche Menschengruppen zu dieser Zeit bereits Speere mit Steinspitzen anzufertigen wussten. Eine noch umstrittene neue Studie verlegt den Beginn dieser Technologie für Südafrika sogar deutlich weiter zurück, auf etwa eine halbe Million Jahre vor unserer Zeit.
Dass noch wesentlich davor ein früher Homo bereits selbst auf die Jagd ging, zeichnet sich erst seit einigen Jahren ab. An verschiedenen Orten Ostafrikas finden sich aus dieser Phase Massenansammlungen von Tierknochen, die Schlachtspuren und andere Zeichen von Werkzeuggebrauch aufweisen.
Einer jener Fundorte liegt in der Olduwaischlucht in Tansania und ist als FLK Zinj bekannt (nach dem dort um 1959 gefundenen "Zinjanthropus", später Paranthropus boisei genannt). Vor rund 1,8 Millionen Jahren müssen Frühmenschen Gnus, Wasserböcke und andere große Säugetiere dorthin geschleppt und sie dann zerlegt haben. Bereits in den 1960er Jahren grub die Paläoanthropologin Mary Leakey den Großteil der jetzt neu untersuchten Tierknochen aus – und seitdem rätselten die Forscher, ob diese Tiere von Menschen erlegt wurden oder nicht.
Schließlich hatte Henry T. Bunn von der University of Wisconsin in Madison die Idee, ihr Altersprofil zu erstellen. Löwen zum Beispiel töten von ausgewachsenen Tieren großer Arten wie Wasserböcken überproportional viele alte Individuen. Andere Großraubtiere machen es ähnlich. Hätten die Frühmenschen sich damals hauptsächlich vorgefundene Kadaver zu eigen gemacht, müssten sich demnach vergleichsweise viele Fossilien von ziemlich alten Tieren finden. Tatsächlich aber war ein auffallend großer Anteil der ausgewachsenen Beute im besten Alter. Jungtiere und betagte Individuen gab es dagegen verhältnismäßig wenige. Dieses Muster wäre zu erwarten, wenn die Menschen sich ihre Opfer nach ihren Vorlieben selbst ausgesucht hätten.
Was ebenfalls zu diesem Altersprofil passt: Es ähnelt stark dem Muster erlegter Tiere, wie es bei den Hadza auftritt, einem heutigen Jäger-und-Sammler-Volk in Tansania, sowie bei den San-Buschleuten von Botswana. Beide gehen allerdings mit Pfeil und Bogen auf die Jagd. Jene frühen Menschen kannten bestimmt noch nicht weit reichende Waffen, schon gar nicht Pfeil und Bogen. Bunn stellt sich aber vor, dass sie aus dem Hinterhalt jagten, zum Beispiel auf Bäumen bei Wasserstellen lauerten und aus kurzer Distanz spitze Holzspeere auf nahe vorbeikommende Tiere schleuderten.
Noch älter, nämlich etwa zwei Millionen Jahre alt, sind Jagdindizien vom Ufer des Victoriasees in Westkenia. An der dortigen Grabungsstelle Kanjera South förderte ein Team um Joseph Ferraro von der Baylor University in Waco (Texas) und Thomas W. Plummer von der City University of New York neben Tausenden von Steinwerkzeugen auch zahlreiche, darunter zertrümmerte Tierknochen zu Tage, von denen offenbar das Fleisch abgesäbelt oder deren Mark herausgeholt worden war. Die meisten dieser Fossilien stammen von jungen Antilopen. Weil sie kaum Raubtierspuren aufweisen, ist anzunehmen, dass dort tatsächlich Hominine ihre eigene Beute zerlegten. Dafür spricht nach Plummers Ansicht zudem die geringe Größe der Opfer: Zierliche Antilopen oder Jungtiere hätten die Raubtiere wohl gleich selbst vollständig gefressen.
Plummer hält diese Fundstücke für die bisher ältesten handfesten Zeugnisse menschlicher Jagd. Vor allem aber beweisen sie nach Ansicht der Forscher, dass die Homininen von Kanjera keineswegs nur hin und wieder mit einer Fleischportion Abwechslung in ihre sonst pflanzlichen Mahlzeiten brachten, sondern dass die nahrhaften Tierprodukte einen Hauptanteil ihrer Ernährung ausmachten. Da die Sedimentschichten mit den Tierknochen Hunderte, wenn nicht Tausende von Jahren umfassen, scheint man dort über einen langen Zeitraum regelmäßig und in erheblicher Menge Fleisch, Fett, Knochenmark und dergleichen verzehrt zu haben. Daneben standen bei diesen Frühmenschen auch energiereiche Pflanzenteile auf dem Speiseplan, zum Beispiel Knollen, wie Zubereitungsspuren an Werkzeugen erkennen lassen.
Beschleunigte menschliche Entwicklung
Die Tragweite jener Ernährungsumstellung ist gar nicht hoch genug zu bewerten. Nach fossilen und archäologischen Funden muss damals folgende Rückkopplungsschleife zwischen evolutionären und kulturellen Entwicklungen in Gang gekommen sein: Die energiekonzentrierte Nahrung trieb das Hirnwachstum an; Menschen mit einem größeren Gehirn erfanden neue Technologien; mit denen konnten sie noch mehr Fleisch beschaffen, aber auch hochwertigere Pflanzennahrung; und die immer bessere Ernährung erlaubte eine weitere Zunahme der Hirnmasse. So stieg das menschliche Hirnvolumen seit den ersten Vertretern der Gattung Homo vor über zwei Millionen Jahren bis zum Auftreten des Homo sapiens vor rund 200 000 Jahren von etwa 600 auf im Durchschnitt rund 1400 Kubikzentimeter.
Die neue Ernährungsweise müsste sich außerdem nachhaltig auf die Struktur und Auffächerung des sozialen Lebens ausgewirkt haben. Besonders seitdem die Menschen sich an größere Tiere heranwagten, dürfte es hier gravierende Umschwünge gegeben haben, schon weil es sich nun anbot, die Beute unter den Gruppenmitgliedern zu verteilen. Der Anthropologe Travis Pickering von der University of Wisconsin in Madison glaubt außerdem, dass bereits beim frühen Homo eine stärkere soziale Untergliederung aufkam – was schließlich unter anderem zu einer Arbeitsteilung der Geschlechter führte: Hauptsächlich die Männer begaben sich auf Großwildjagd, und die Frauen sammelten bevorzugt pflanzliche Nahrung. Abends trafen dann alle wieder an einem zentralen Ort zum Essen zusammen. Auf diese Weise könnten, so spekuliert Pickering, bereits jene Guppen gelebt haben, die vor 1,8 Millionen Jahren die großen Huftiere von FLK Zinj schlachteten. Heute mag uns solch eine Verteilung der Verantwortlichkeiten antiquiert vorkommen – damals erwies sie sich als bemerkenswert erfolgreiche Organisationsform mit hohem Anpassungswert.
Außerdem vermutet Pickering, dass die Umstellung der Nahrung auf Fleisch unseren Altvorderen zu mehr Selbstbeherrschung verhalf. Zwar wird gern das Gegenteil angenommen: Jagen habe die Aggressivität gefördert. Diese Ansicht rührt von Beobachtungen an Schimpansen her, die höchst aufgeregt und aggressiv wirken, wenn sie einmal ein Tier erbeuten. Doch laut Pickering verlangte die Jagd schon vom Frühmenschen viel Besonnenheit und einen kühlen Kopf. Schimpansen bauen unter anderem auf ihre große Kraft und ihr gefährliches Gebiss. Wenn sie ein Tier erwischen, töten sie es mit roher Gewalt. Das alles konnten die frühen Menschen nicht. Sie mussten viel stärker als die Menschenaffen ihren Verstand einsetzen und ihre Emotionen zügeln. Distanzwaffen halfen nach dieser These später zusätzlich dabei, aggressive Gefühle von der Jagdsituation zu entkoppeln.
Zu dieser These passen Beobachtungen der Primatologin und Anthropologin Jill Pruetz von der Iowa State University in Ames, die sie im Senegal an Savannenschimpansen machte. Dort fertigt sich ein Affe manchmal einen spitzen, langen Stock und stößt damit in eine Baumhöhle. Mit etwas Glück erwischt er einen Galago, einen nachtaktiven kleinen Halbaffen, der am Tag in dem Loch schläft. Die Schimpansen sollen hierbei lange nicht so ungestüm wirken wie ihre Artgenossen im Regenwald, wenn sie Beute machen. Das Werkzeug mag dazu beitragen.
Als einziger Primat besiedelt der Homo sapiens fast die ganze Erde. Einige Forscher vermuten, dass die frühe Ausbreitung unserer Gattung auf andere Kontinente wesentlich mit dem Jagen zusammenhing. Fünf Millionen Jahre lang hatte sich die Evolution der Homininen und schließlich auch die Entwicklung der menschlichen Gattung in Afrika abgespielt. Doch vor etwas weniger als zwei Millionen Jahren erschienen Vertreter der Gattung Homo auch anderswo, sehr bald etwa am Kaukasus. Waren die ersten Siedler Eurasiens Tierherden gefolgt? Die Savannenvegetation, die damals auch in den neuen Gebieten häufig vorkam, dürfte ihnen vertraut erschienen sein.
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